Question to the brain
Löse ich Probleme durch das Sprechen darüber?
Published: 23.07.2013
Wenn ich meine Probleme mit Freunden bespreche, fallen mir neue Lösungen ein. Verändert sich durch das Sprechen die Wahrnehmung auf das Problem?
The editor's reply is:
Tom Brinthaupt vom Learning, Teaching, and Innovative Technologies Center an der Middle Tennessee State University:
Wenn wir mit Freunden über unsere Probleme sprechen, hat das viele Vorteile. Vor allem wenn wir über sehr traumatische Erlebnisse reden, von denen wir noch niemandem erzählt haben, hilft uns das. Sowohl psychisch als auch physisch geht es uns dadurch besser. Allerdings lösen wir in dieser Situation nicht in erster Linie ein Problem, sondern fühlen uns besser, weil wir uns aussprechen.
Ich kann versuchen die Frage anhand der Forschung zu Selbstgesprächen zu beantworten. Dann lautet die Antwort: Es kommt darauf an. Es hängt davon ab, um was für Probleme es geht, wie ich mit mir selbst oder anderen darüber rede und wie mein Charakter ist. Manche Menschen besitzen sehr effektive Problemlösefähigkeiten, können Dinge von verschiedenen Perspektiven betrachten und ihre Emotionen regulieren — andere nicht. Diese Eigenschaften können das Problemlösen behindern oder erleichtern. Das gilt, wenn wir mit uns selbst oder auch mit anderen über Probleme sprechen.
Wenn ich mich zum Beispiel vor öffentlichen Auftritten fürchte, kann ich mir einreden: „Es wird ein Desaster. Ich bin nicht gut darin und werde mich sicherlich zum Affen machen.” Solche negative Selbstgespräche können die Vorbereitung und die eigentliche Leistung stören. Wenn ich dagegen positiv und mich selbst bestärkend über meine sozialen Interaktion denke oder mit anderen auf diese Weise darüber rede, vertraue ich eher darauf, dass ich die Situation schon bewältigen werde. Entsprechend sollte ich dann auch weniger Angst haben und eher erfolgreich sein.
Ein anderer interessanter Aspekt: Wenn ich mich im Selbstgespräch auf die Einzelheiten einer Situation konzentriere und die konkreten Schritte antizipiere, um mit der problematischen Situation umzugehen, kann dies helfen. Ich denke, das passiert auch häufig, wenn wir mit anderen über unsere Probleme sprechen. Sie warten mit Alternativen auf: „Hast du mal darüber nachgedacht, das auszuprobieren? Was wäre, wenn du dies machen würdest?“ Wenn ich so mit mir selbst oder anderen spreche, erweitert das mein Handlungsrepertoire.
Es gibt noch weitere Erkenntnisse aus der Forschung zu Selbstgesprächen, die sich auf das Sprechen mit anderen anwenden lassen: Beim Sport kann ich meine Leistung verbessern, indem ich mir sage, wie ich eine bestimmte Bewegung ausführen soll; zum Beispiel „halte den Schläger so“ oder „positioniere dich so“. Indem ich laut denke, kann ich die Bewegung besser kontrollieren, zurücktreten und schrittweise vorgehen. Motivationale Selbstgespräche wie „streng dich mehr an“ oder „halte durch“ können einen anspornen. Das trifft jedoch nicht, wenn der Bewegungsablauf über Jahre gelernt und automatisiert ist, so dass ich nicht mehr nachdenken muss. Dann kann es störend sein, wenn ich mit mir selbst oder anderen darüber rede.
Die beste Antwort auf die Frage, ob das Sprechen über Probleme mit uns selbst oder anderen unsere Probleme löst, ist also: „Es kommt darauf an.“
Aufgezeichnet von Hanna Drimalla
Emotionen
Emotionen/-/emotions
Unter „Emotionen“ verstehen Neurowissenschaftler psychische Prozesse, die durch äußere Reize ausgelöst werden und eine Handlungsbereitschaft zur Folge haben. Emotionen entstehen im limbischen System, einem stammesgeschichtlich alten Teil des Gehirns. Der Psychologe Paul Ekman hat sechs kulturübergreifende Basisemotionen definiert, die sich in charakteristischen Gesichtsausdrücken widerspiegeln: Freude, Ärger, Angst, Überraschung, Trauer und Ekel.