Fröhliche Weihnachten: So klappt's
Von wegen „Frohes Fest“ und „Stille Nacht“: Weihnachten kann ziemlich stressig und nervig sein; manche fühlen sich auch sehr einsam. Doch das muss nicht sein! Diese Tipps helfen Ihnen, das Weihnachtsfest gut zu überstehen.
Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. Andrea Schmitt
Veröffentlicht: 27.11.2014
Niveau: mittel
- Für viele Menschen ist Weihnachten nicht nur eine schöne Gelegenheit, mit Familie und Freunden Zeit zu verbringen. Sie erleben die Weihnachtszeit auch als extrem stressig. Pure Stressfaktoren sind unter anderem das Gefühl, wenig Zeit zu haben, die Erwartung, der Familie besonders schöne Festtage zu bereiten, und der Druck, Geschenke kaufen zu müssen.
- Auch Gefühle der Einsamkeit und der gedrückten Stimmung befallen Menschen an Weihnachten, besonders Menschen ohne Familie.
- Eine Möglichkeit an Weihnachten, positivere Gefühle zu erleben, könnte sein, Rituale ganz bewusst zu zelebrieren.
- Für wen gerade die Familie die Ursache negativer Gefühle ist, dem könnte helfen, sich Zeit für sich zu nehmen und überhöhte Ansprüche an das Fest aufzugeben. Einsamen oder depressiv verstimmten Menschen könnte eine ehrenamtliche Tätigkeit guttun.
Weihnachten fällt in die dunkle Jahreszeit: Wenig Sonne und wenig Bewegung, das bringt den Hormonhaushalt durcheinander. Der Geist wird ein bisschen träge und bei manchen Menschen verschlechtert sich die Stimmung. Hier einige Tipps, um das Gehirn auch in dieser Jahreszeit in Form zu halten:
- Wagen Sie sich auch in den trüben Monaten öfter mal nach draußen und gönnen dem Körper so viel natürliches Tageslicht wie möglich. Auch eine Lichttherapie mit speziellen Lampen kann gegen eine Winterdepression helfen; dabei sollte die Beleuchtungsstärke mindestens 10.000 Lux betragen, was in etwa der Helligkeit an einem Sommertag entspricht.
- Treiben Sie Sport. Sport bringt nicht nur den Körper auf Trab, sondern auch den Geist, denn diversen Studien zufolge verbessert Bewegung den Antrieb, die Stimmung und die Gedächtnisleistung.
- Das Gehirn liebt die Abwechslung: Nur ständig Sudoku-Rätsel zu lösen, bringt wenig, um das Denkorgan in Schwung zu halten. Bei angeregten Gesprächen mit anderen Menschen läuft das soziale Organ zur Höchstform auf. Geben Sie dem Gehirn regelmäßig Nervennahrung, etwa indem Sie Nüsse, Haferflocken und Obst essen.
Weihnachtlieder werden gesungen, der Weihnachtsbraten sieht zum Anbeißen aus, am Familientisch wird gelacht und angeregt diskutiert – und selige Harmonie schwebt über allem: Welch eine Familienidylle! Allerdings: Die Idylle ist lediglich ein sentimentaler Weihnachtsfilm, der über die Mattscheibe flimmert. Bei der Familie vor dem Fernseher hingegen geht es weniger harmonisch zu. Die erwachsenen Kinder sind zwar extra angereist, um mit ihren Eltern das Fest der Liebe und der Besinnlichkeit zu begehen. Doch nun, auf engem Raum, kommt es wegen (vermeintlichen) Nichtigkeiten zu Streitereien: Vater und Sohn diskutieren aufgeregt, wie man am besten den Braten tranchieren sollte; die Mutter rennt ständig nervös zwischen Küche und Wohnzimmer hin und her, möchte sich gleichzeitig um das Festtagsessen kümmern und letzte Hand an die Dekoration legen, und sie schmollt, weil keiner sich für ihren Einsatz bedankt. Dabei zeigt der Fernsehfilm im Hintergrund, wie Weihnachten sein sollte.
Selbstverständlich geht es nicht überall zu wie in dieser Schilderung: Für viele ist und bleibt Weihnachten ein Fest der Freude. Das zeigen auch diverse Befragungen aus verschiedenen Ländern. Und für Kinder sind Advent und Weihnachten wahrscheinlich immer noch besonders glückselige Zeiten des Jahres (Freude, schöner Götterfunken).
Doch selten klaffen Anspruch und Wirklichkeit so weit auseinander wie beim Weihnachtsfest, das eben auch seine Schattenseiten hat. Auch das zeigen Befragungen. Beispielsweise eine Studie von 2006 im Auftrag der American Psychological Association (APA, Amerikanische Psychologische Gesellschaft), die Stressfaktoren zur Weihnachtszeit untersucht hat: Ein Großteil der 750 befragten US-Amerikaner sah in den Weihnachtsfeiertagen zwar eine Gelegenheit, mit Familie und Freunden Zeit zu verbringen; außerdem berichteten viele von diesen Tagen als einer Zeit des Glücks und der Liebe – jeder fünfte Befragte gab aber auch an, an den Weihnachts– und Neujahrsfeiertagen oftmals gestresst zu sein. Besonders unter Druck standen die Frauen, ergab die Studie, die sogleich eine mögliche Erklärung dafür mitlieferte: Die befragten Frauen hatten auch die Hauptlast der Feierlichkeiten zu schultern gehabt. Das Heim der Familie schmücken, für das Festessen einkaufen und das Menü zubereiten sowie die Checkliste für das perfekte Weihnachtsgeschenk (Checkliste für das perfekte Weihnachtsgeschenk) abzuarbeiten – summa summarum also Stress pur. Ein weiterer Stressfaktor an Weihnachten: Erwartungen! Frauen wie Männer unter den Befragten fühlten sich verpflichtet, die Feiertage zu den bestmöglichen für ihre Lieben zu machen. Familientreffen waren daher nicht ganz überraschend ziemlich weit oben in der Liste der Stressfaktoren angesiedelt. Mit am meisten seelischen Druck brachte auch der empfundene Mangel an Zeit mit sich, ebenso wie der Druck, Geschenke kaufen zu müssen oder zu bekommen.
Wenn Weihnachten auf die Stimmung drückt
Auch in einer Studie der Psychologen Tim Kasser vom Knox College in Galesburg und Kennon Sheldon von der University of Missouri berichtete fast die Hälfte der Befragten von stressigen Weihnachtstagen. Zudem kristallisierte sich in Studien Einsamkeit als eine unangenehme Begleiterscheinung von Weihnachten heraus. Ist am Ende also etwas dran an dem Volksglauben, dass Weihnachten bei manchen Menschen auf die Seele drückt und in dieser Zeit womöglich gar die Selbstmordrate nach oben schnellt? Dieser Frage ging der Psychiatrie-Forscher Randy Alan Sanson 2011 in einer Übersichtsarbeit nach – und kam zu zwei Ergebnissen: Tatsächlich war in der Weihnachtszeit die Zahl der versuchten und der erfolgreichen Selbstmorde in vielen der gesichteten Studien sogar rückläufig; die Gleichung „Weihnachten ist gleich mehr Suizide“ ist somit ein Mythos.
Kein Mythos hingegen ist, dass Weihnachten aufs Gemüt schlägt, denn tatsächlich erzählten Menschen in diversen Studien häufig von Einsamkeit, Ängsten oder depressiver Stimmung an den Weihnachtsfeiertagen. Ein Grund dafür: An den Weihnachtsfeiertagen allein zu sein, ohne Familie – das nannten Patienten einer psychiatrischen Notfalleinrichtung als den häufigsten Stressfaktor. Eine andere wichtige Ursache, so der Autor einer der gesichteten Studien, sei offensichtlich der (Irr-)Glaube, jeder andere an Weihnachten hätte eine gute Zeit und erlebe liebevolle familiäre Beziehungen: Selbst wenn man gerade ein „fröhliches Fest“ hat – die anderen hätten eben ein „fröhlicheres Fest“.
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Rituale für positive Gefühle
Statt sich den Kopf darüber zu zerbrechen, ob Weihnachten in der Familie gerade perfekt läuft, sollte man lieber an den typischen familiären Weihnachtsritualen teilnehmen (Weihnachten und andere Rituale). Schon länger ist bekannt, dass Rituale wie ein regelmäßiges gemeinsames Essen den Zusammenhalt von Gemeinschaften stärken und sich positiv auf die Seele auswirken können.
Doch wie steht es mit den Ritualen an Weihnachten? In einer spanischen Untersuchung von 2011 waren von rund 140 befragten Studenten nach eigenen Angaben diejenigen vergleichsweise zufriedener, die häufiger an Familienritualen wie dem Weihnachtsessen teilgenommen hatten. In der Zeit nach der Teilnahme waren sie auch weniger einsam und es plagten sie weniger negative Gefühle wie Angst oder Unruhe. Ähnliche Ergebnisse brachte die bereits erwähnte Studie von Tim Kasser und Kennon Sheldon zutage: Jene Menschen, die an Weihnachten mehr Zeit mit ihrer Familie verbracht hatten, fühlten sich zufriedener. Zugleich waren diejenigen weniger glücklich, die eher den materialistischen Aspekten von Weihnachten wie den Geschenken einen hohen Stellenwert eingeräumt hatten.
Streitthemen schon vor Weihnachten klären statt beim Festessen
Was also tun, wenn eben gerade die Familie der Grund für Stress und Konflikte darstellt? „Am besten sollte man seine Erwartungen etwas herunterschrauben und sich an der Realität orientieren“, rät Ulrike Schulze vom Universitätsklinik Ulm. Eine frühzeitige Planung und Verzicht auf Perfektionismus könnten ebenfalls helfen, den Druck aus Weihnachten rauszunehmen, so die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Ganz allgemein solle man an Weihnachten mal innehalten und überlegen, was einem persönlich gut tut, und dabei auf ein „Zuviel“ von allem verzichten.
Und der Psychologe Philipp Herzberg von der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg hat Tipps parat, wie man Konflikte vermeidet: Man solle mögliche Streitthemen mit den betreffenden Personen bereits im Vorfeld besprechen – selbst wenn dann die Gefahr bestehe, dass man Weihnachten nicht mehr zusammen feiert. Das sei immer noch besser, als sich am Fest der Liebe in den Haaren zu liegen. Könne man einen Konflikt nicht vor dem Weihnachtstreffen beilegen, sei es sinnvoll, für Weihnachten eine Auszeit zu vereinbaren und die Sache später zu klären. Und wer ohne Familie dasteht und sich an Weihnachten besonders einsam fühlt, der könnte vielleicht mit dem Gedanken spielen, sich ehrenamtlich zu engagieren: Gerade an Weihnachten können Wohltätigkeitsorganisationen wie Suppenküchen Unterstützung gut gebrauchen. Auf diesem Weg kommt man nicht nur in Kontakt mit anderen Menschen. Altruistisches Verhalten kann Studien zufolge auch die eigene Stimmung heben und depressive Verstimmungen verringern.
Also dann: Fröhliche Weihnachten!
zum Weiterlesen:
- Tipps der American Psychological Association gegen Stress an Weihnachten [Stand: 21.11.2014]; zur Webseite.
- Sansone RA, Sansone, LA: The Christmas Effect on Psychopathology. Innov Clin Neurosci. Dec 2011; 8(12): 10 – 13. Published online Dec 2011. (zum Text).