Alles nur blöde Sprüche?
Es gibt viele Sprüche über die Liebe: Man könne sich gegenseitig gut riechen, sie sei Herzenssache, Schmetterlinge hätten auch damit zu tun. Für das Projekt www.napse.de haben Tübinger Studenten genauer hingeschaut.
Published: 06.07.2015
Difficulty: easy
Spruch 1: Verliebte sehen alles durch die rosarote Brille
Was ist dran?
Ob nun Verliebte alles durch die rosarote Brille sehen oder Liebe sogar blind macht – der Volksmund spricht dem Verliebten gerne eine beschränkte Wahrnehmung auf die Dinge, die um ihn herum geschehen, zu. Ob an diesen Redewendungen tatsächlich etwas Wahres dran ist, konnte der Neurowissenschaftler Andreas Bartels prüfen. In einem Experiment am Computertomographen untersuchte Bartels die Hirnaktivität von verliebten Menschen beim Anblick ihres Geliebten. Zur gleichen Zeit überprüfte er, wie sich diese Hirnströmungen von den Aktivitäten beim Anblick von Freunden oder Bekannten der Probanden unterscheiden. Bartels fand heraus, dass die Areale, die für das Belohnungssystem des Gehirns eine entscheidende Rolle spielen, beim Anblick der geliebten Person besonders aktiv sind. Zur gleichen Zeit werden die Hirnregionen, die für Angst, negative Emotionen und die kritische Beurteilung anderer zuständig sind, lahmgelegt. Somit nehmen Verliebte ihre geliebte Person anders wahr und bewerten sie zum Teil irrational. Auch wenn man die Redewendungen nicht wortwörtlich nehmen sollte, sind sie im Kern ihrer Aussage auch aus wissenschaftlicher Sicht nachweisbar — Liebe macht blind für negative Eigenschaften des Geliebten.
Wahrnehmung
Wahrnehmung/Perceptio/perception
Der Begriff beschreibt den komplexen Prozess der Informationsgewinnung und –verarbeitung von Reizen aus der Umwelt sowie von inneren Zuständen eines Lebewesens. Das Gehirn kombiniert die Informationen, die teils bewusst und teils unbewusst wahrgenommen werden, zu einem subjektiv sinnvollen Gesamteindruck. Wenn die Daten, die es von den Sinnesorganen erhält, hierfür nicht ausreichen, ergänzt es diese mit Erfahrungswerten. Dies kann zu Fehlinterpretationen führen und erklärt, warum wir optischen Täuschungen erliegen oder auf Zaubertricks hereinfallen.
Mesolimbisches System
Mesolimbisches System/-/mesolimbic pathway
Ein System aus Neuronen, die Dopamin als Botenstoff verwenden und das entscheidend an der Entstehung positiver Gefühle beteiligt ist. Die Zellkörper liegen im unteren Tegmentums und ziehen unter anderem in die Amygdala, den Hippocampus und – besonders wichtig – den Nucleus accumbens, wo sie ihre Endköpfchen haben.
Emotionen
Emotionen/-/emotions
Unter „Emotionen“ verstehen Neurowissenschaftler psychische Prozesse, die durch äußere Reize ausgelöst werden und eine Handlungsbereitschaft zur Folge haben. Emotionen entstehen im limbischen System, einem stammesgeschichtlich alten Teil des Gehirns. Der Psychologe Paul Ekman hat sechs kulturübergreifende Basisemotionen definiert, die sich in charakteristischen Gesichtsausdrücken widerspiegeln: Freude, Ärger, Angst, Überraschung, Trauer und Ekel.
Kern
Kern/-/nucleus
Der Kern ist in einer Zelle der Zellkern, der unter anderem die Chromosomen enthält. Im Nervensystem ist der Kern eine Ansammlung von Zellkörpern – im zentralen Nervensystem als graue Masse, ansonsten als Ganglien bezeichnet.
Spruch 2: Verliebte haben Schmetterlinge im Bauch
Was ist dran?
Liebe entsteht zwar im Kopf, doch sie macht sich in vielerlei Hinsicht auch in anderen Körperteilen bemerkbar. Redewendungen wie „Liebe geht durch den Magen“ oder „Verliebte haben Schmetterlinge im Bauch“, deuten an, dass auch die Leibesmitte in irgendeiner Form mit Liebe verbunden ist. Die Glücksgefühle, die vom Gehirn ausgeschüttet werden, rühren tatsächlich den Magen-Darm-Trakt auf. Im Bauch des Verliebten kann sich somit ein Kribbeln bemerkbar machen, das sich anfühlt wie Schmetterlinge im Bauch.
Außerdem ist Liebe teilweise vergleichbar mit dem, was jeden Tag beim Essen im menschlichen Körper passiert und „durch den Magen geht“. Das Gehirn schüttet beim Verliebtsein Glücksgefühle aus, die denen mit den positiven Gefühlen ähneln, die beim Essen entstehen. Daher sagt der Volksmund, dass Liebe durch den Magen geht. Der Ursprung der Redensart liegt in der Zeit, in der es noch eine klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau gab. Während der Mann arbeitete, machte die Frau den Haushalt und bereitete ihrem Mann ein Essen zu. Ein gutes Essen galt daher als Liebesbeweis der Frau an ihren Mann.
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Spruch 3: Verliebte können sich gut riechen
Was ist dran?
Alleine durch den Anblick der geliebten Person arbeiten die Liebesareale im Gehirn des Verliebten auf Hochtouren. Dies konnte Andreas Bartels in seinem Experiment feststellen, indem er den Probanden Fotos des Geliebten zeigte und dabei die Hirnströmungen der Versuchsteilnehmer maß. Doch nicht nur das Sehen, auch die Wahrnehmung durch andere Sinne löst beim Verliebten eine Ausschüttung von Glücksgefühlen aus. Neben dem Anblick schüttet das Gehirn auch beim Geruch der geliebten Person Hormone und Botenstoffe aus, die ihrerseits Glückgefühle beim Verliebten auslösen. Diesen Vorgang konnten Wissenschaftler in Untersuchungen nachweisen. Wenn man im Alltag also davon spricht, dass Verliebte „sich gut riechen können“, sagt man die Wahrheit – der Spruch kann auch aus neurobiologischer Sicht bestätigt werden.
Wahrnehmung
Wahrnehmung/Perceptio/perception
Der Begriff beschreibt den komplexen Prozess der Informationsgewinnung und –verarbeitung von Reizen aus der Umwelt sowie von inneren Zuständen eines Lebewesens. Das Gehirn kombiniert die Informationen, die teils bewusst und teils unbewusst wahrgenommen werden, zu einem subjektiv sinnvollen Gesamteindruck. Wenn die Daten, die es von den Sinnesorganen erhält, hierfür nicht ausreichen, ergänzt es diese mit Erfahrungswerten. Dies kann zu Fehlinterpretationen führen und erklärt, warum wir optischen Täuschungen erliegen oder auf Zaubertricks hereinfallen.
Spruch 4: Liebe ist Herzenssache
Was ist dran?
Schon beim Gedanken an die geliebte Person klopft das Herz eines frisch Verliebten wie verrückt. Menschen, die gerade von ihrem Partner verlassen wurden, beklagen sich wiederum gerne über „Herzschmerz“. Im Alltag spricht man gerne von Liebe als einer Herzensangelegenheit. Tatsächlich liegt der Sitz der Liebe jedoch nicht im Herzen, sondern im Kopf.
Wie bei anderen Emotionen werden auch beim Verliebtsein bestimmte Areale im Gehirn aktiviert. Bei Verliebten arbeiten vier benachbarte Gehirngebiete, die eng mit dem Belohnungszentrum des Gehirns verknüpft sind, besonders aktiv. Sie senden Hormone und Botenstoffe in den Körper aus, die Glücksgefühle auslösen. Maßgeblich an diesen Gefühlen beteiligt ist das Glückshormon Dopamin. Neben Dopamin werden beim Verliebtsein auch Vasopressin und Oxytocin freigesetzt, zwei Hormone, die für die emotionale Bindung von Menschen eine Rolle spielen.
Dass der Volksmund die Liebe gerne im Herz verortet, liegt vermutlich daran, dass das Herz in unserer christlich-abendländischen Kultur schon seit Jahrtausenden das Liebessymbol schlechthin ist. Aber auch aus biologischer Sicht ist das Herz ein Nebenschauplatz der Liebe. Im Kopf produziert machen sich die ausgeschütteten Glücksstoffe in verschiedener Hinsicht körperlich bemerkbar. So auch im Herzen, wo das ausgeschüttete Adrenalin das Herz des Verliebten höher schlagen lässt.
Emotionen
Emotionen/-/emotions
Unter „Emotionen“ verstehen Neurowissenschaftler psychische Prozesse, die durch äußere Reize ausgelöst werden und eine Handlungsbereitschaft zur Folge haben. Emotionen entstehen im limbischen System, einem stammesgeschichtlich alten Teil des Gehirns. Der Psychologe Paul Ekman hat sechs kulturübergreifende Basisemotionen definiert, die sich in charakteristischen Gesichtsausdrücken widerspiegeln: Freude, Ärger, Angst, Überraschung, Trauer und Ekel.
Mesolimbisches System
Mesolimbisches System/-/mesolimbic pathway
Ein System aus Neuronen, die Dopamin als Botenstoff verwenden und das entscheidend an der Entstehung positiver Gefühle beteiligt ist. Die Zellkörper liegen im unteren Tegmentums und ziehen unter anderem in die Amygdala, den Hippocampus und – besonders wichtig – den Nucleus accumbens, wo sie ihre Endköpfchen haben.
Dopamin
Dopamin/-/dopamine
Dopamin ist ein wichtiger Botenstoff des zentralen Nervensystems, der in die Gruppe der Catecholamine gehört. Es spielt eine Rolle bei Motorik, Motivation, Emotion und kognitiven Prozessen. Störungen in der Funktion dieses Transmitters spielen eine Rolle bei vielen Erkrankungen des Gehirns, wie Schizophrenie, Depression, Parkinsonsche Krankheit, oder Substanzabhängigkeit.
Oxytocin
Oxytozin/-/oxytocin
Ein im Nucleus paraventricularis und im Nucleus supraopticus des Hypothalamus gebildetes Hormon, welches aus dem Hypophysenhinterlappen ins Blut ausgeschüttet wird. Es leitet bei der Geburt die Wehen ein und wird beim Stillen sowie beim Orgasmus ausgeschüttet. Es scheint die Paarbindung zu erhöhen und Vertrauen zu schaffen. Neuere Erkenntnisse weißen darauf hin, dass das oft als Kuschelhormon bezeichnete Oxytocin jedoch weitaus komplexer ist und seine Effekte auch eine Abgrenzung zur andern Gruppen (out-groups) beinhalten.
Adrenalin
Adrenalin/-/adrenaline
Gehört neben Dopamin und Noradrenalin zu den Catecholaminen. Adrenalin ist das klassische Stresshormon. Es wird im Nebennierenmark produziert und bewirkt eine Steigerung der Herzfrequenz sowie der Stärke des Herzschlags und bereitet so den Körper auf erhöhte Belastung vor. Im Gehirn wirkt Adrenalin auch als Neurotransmitter (Botenstoff), hier bindet es an sogenannte Adenorezeptoren.
Zum Weiterlesen:
Mehr Wissenswertes über das Gehirn finden Sie auf napse.de
Solange die Vorstellung besteht, alles was uns Menschen ausmacht, sei eine Sache des Hirns, bleiben stets Zweifel.
Die Beteiligung des Hirns erfolgt erst nach der Wahrnehmung des übrigen Organismus = (auf Erregung folgt Anspannung und Entspannung) . Das lässt sich durch Beobachtung feststellen. Untersuchungen des Hirns erfassen nicht die Reaktionszeit zwischen Erregung des übrigen Organismus und Reiz im Hirn.
Wenn im Hirn Reize auftreten, sollen das Emotionen des Hirns sein. Dieser Teil des Organismus verfügt über keine Emotionen.
Nur wer gut genug beobachtet, kann feststellen, wie das Hirn ständig Emotionen ausbremst. Wer ihnen Ausdruck geben möchte, muss nur zulassen, was sie mitteilen.
Das ist der ewige Zweikampf zwischen Ratio und Emotion, auch wenn kluge Köpfe etwas anderes nachweisen wollen.