Dynamische Teamarbeit
Hirnregionen sind zwar spezialisiert. Doch vielfach arbeiten sie über weite Entfernungen zusammen – und das nicht immer so, wie es auf den ersten Blick scheint.
Scientific support: Prof. Dr. Hans-Christian Pape
Published: 18.12.2015
Difficulty: intermediate
- Das Gehirn ist unermüdlich im Einsatz. Auch in Ruhephasen trifft es Vorhersagen über künftige Reize und Ereignisse in der Umwelt.
- Spontane Fluktuationen der Hirnaktivität gehen dabei vielfach mit fein orchestrierter Teamarbeit weit verteilter Areale einher. Dies beeinflusst unsere Informationsverarbeitung.
- Mit Hilfe unterschiedlicher Messmethoden lässt sich feststellen, ob verschiedene Nervenzellen oder Hirnregionen zusammenarbeiten – wenn sie zum Beispiel im gleichen Rhythmus schwingen.
- Diese gemeinsamen Schwingungen ermöglichen eine funktionelle Kopplung der beteiligten Hirnareale und Neuronen. Die Kopplung kann auf unterschiedlichen zeitlichen Skalen und über u nterschiedliche räumliche Distanzen auftreten.
- Sind die Hirnwellen zweier Hirnregionen besonders gut aufeinander abgestimmt, spricht man von Phasenkopplung oder Kohärenz.
- Phasenkopplung erleichtert die Kommunikation zwischen räumlich getrennten Hirnregionen. Das macht die Informationsverarbeitung effizienter.
- Die strukturelle Verknüpfung im Netzwerk ist eine entscheidende Voraussetzung für die funktionelle Kopplung. Die Kommunikation wird aber auch von anderen Faktoren beeinflusst.
Oft liegt einer funktionellen Verbindung eine strukturelle Verknüpfung zu Grunde, also eine direkte anatomische Verbindung der Regionen über Nervenfasern. Das ist aber eben nicht immer der Fall. „Manchmal sorgen auch indirekte Verbindungen dafür, dass die beiden Hirnregionen A und B gleichzeitig oder mit einem bestimmten Zeitunterschied aktiv werden“, sagt Claus Hilgetag. „Gerade wenn es einen zeitlichen Unterschied gibt, könnten sie über verschiedene Zwischenstationen – andere Hirnregionen wie C und D – miteinander verbunden sein. Eine weitere Möglichkeit ist, dass A und B über einen gemeinsamen Eingang verfügen, also eine Hirnregion E, die sie beide erregt. Das kann zum Beispiel bei neuromodulatorischen Systemen wie dem dopaminergen System der Fall sein, die ihre Projektionen in eine große Anzahl von verschiedenen Regionen sendet.“
Was bestimmt eigentlich, was wir in sozialen Netzwerken wie Facebook posten? Damit wir überhaupt Mitteilungen rund um die weite Welt schicken können, müssen natürlich Datenautobahnen wie Glasfaserkabel vorhanden sein, die durch Router zu einem Netz verbunden sind. Doch das entscheidet freilich nicht darüber, welche Inhalte wir in den Netzwerken verbreiten. Wichtig ist vielmehr unter anderem, was vorher im Netzwerk gepostet wurde. Genau so ist es auch im Gehirn. Auch hier spielt die Infrastruktur, also die Tatsache, wie die Neurone und Hirnregionen verbunden sind, eine tragende Rolle für die Informationsverarbeitung. Doch das vorangegangene Geschehen in unserer Denkzentrale hat auch ein Wörtchen darüber mitzureden, wie wir mit Reizen aus der Umwelt umgehen.
Anders als früher gedacht ist unser Gehirn nämlich keineswegs ein passiver Zeitgenosse, der nur dann in die Gänge kommt, wenn er neuen Input erhält. Vielmehr scheint sich unser Oberstübchen gewissermaßen ständig in einer Art Erwartungshaltung zu befinden und Vorhersagen über künftige Reize und Umweltereignisse zu treffen. Diese permanenten Fluktuationen, Schwankungen der Hirnaktivität, bestehen dabei vielfach in fein orchestrierter Teamarbeit verschiedener Areale. Denn das Gehirn setzt sich zwar aus spezialisierten Gebieten zusammen. Doch für eine effiziente Informationsverarbeitung müssen diese teilweise weit verteilten Regionen an einem Strang ziehen, aus der Vielzahl der Nervenzellen und ihrer Verbindungen die für eine Leistung relevanten Daten auswählen und schließlich funktionelle Netzwerke ausbilden.
Seit einigen Jahren interessieren sich Hirnforscher verstärkt für die Kommunikation, also den Datenverkehr in diesen Netzwerken, – im Fachjargon funktionelle Konnektivität genannt. „Von funktioneller Kopplung spricht man, wenn zwei Hirnregionen A und B immer wieder auf ähnliche Weise, mit gleicher Intensität oder Frequenz, oder im Gleichklang aktiv sind“, sagt der Neurowissenschaftler Claus Hilgetag vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. „Wenn sie gleichzeitig oder immer wieder mit einem bestimmten Zeitunterschied tätig sind, liegt die Vermutung nahe, dass hier eine funktionelle Kopplung zwischen den Regionen vorliegt.“
Um die zeitliche Feinabstimmung in den Netzwerken genauer unter die Lupe nehmen zu können, greifen Forscher unter anderem auf Methoden der Elektrophysiologie zurück, mit denen die elektrischen Aktivitätsmuster im Gehirn registriert werden können. Mittels Elektroenzephalogramm (EEG) können sie vor allem untersuchen, inwieweit räumlich verteilte Regionen in rhythmischen Mustern aktiv sind, und ob diese „Wellen“ im Gleichtakt schwingen. Die Hirnwellen hängen dabei vom aktuellen Bewusstseinszustand ab. Vom Tiefschlaf über Schläfrigkeit und einer ruhigen Entspanntheit bis zu geistiger Anspannung steigt deren Frequenz. Die Betawellen beispielsweise, die von 13 bis 30 Schwingungen pro Sekunde reichen, werden von Aufmerksamkeit und mentaler Wachheit begleitet It’s the rhythm.
Neuron
Neuron/-/neuron
Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.
Neuron
Neuron/-/neuron
Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.
EEG
Elektroencephalogramm/-/electroencephalography
Bei dem Elektroencephalogramm, kurz EEG handelt es sich um eine Aufzeichnung der elektrischen Aktivität des Gehirns (Hirnströme). Die Hirnströme werden an der Kopfoberfläche oder mittels implantierter Elektroden im Gehirn selbst gemessen. Die Zeitauflösung liegt im Millisekundenbereich, die räumliche Auflösung ist hingegen sehr schlecht. Entdecker der elektrischen Hirnwellen bzw. des EEG ist der Neurologe Hans Berger (1873−1941) aus Jena.
Aufmerksamkeit
Aufmerksamkeit/-/attention
Aufmerksamkeit dient uns als Werkzeug, innere und äußere Reize bewusst wahrzunehmen. Dies gelingt uns, indem wir unsere mentalen Ressourcen auf eine begrenzte Anzahl von Bewusstseinsinhalten konzentrieren. Während manche Stimuli automatisch unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen, können wir andere kontrolliert auswählen. Unbewusst verarbeitet das Gehirn immer auch Reize, die gerade nicht im Zentrum unserer Aufmerksamkeit stehen.
Kopplung auf unterschiedlichen Skalen
Funktionelle Kopplungen gibt es auf unterschiedlichen zeitlichen Skalen. Die Kommunikation der Zellen etwa läuft im Millisekundenbereich ab. Dies können die Forscher beim Menschen im EEG und sogar mit Hilfe feiner Messelektroden durch die Registrierung der Aktivität einzelner Nervenzellen feststellen. Sie ist in vielerlei Hinsicht hochinteressant: „Dieser Zeitskala entspricht die ganz schnelle Verarbeitung von Reizen“, sagt Claus Hilgetag. „Wenn wir uns etwa im Millisekundenbereich beim Autofahren entscheiden müssen, ob wir links oder rechts abbiegen.“
Eine globalere Perspektive liefert die funktionelle Magnetresonanztomografie, die im Sekundenbereich die Aktivität von vielen Hirnarealen misst. „Der dabei gemessenen Zeitskala entspricht beispielsweise der Wechsel zwischen verschiedenen Aufgaben wie Zuhören oder Sprechen oder Zyklen der Aufmerksamkeit und Konzentration, die auf dem Umschalten zwischen verschiedenen weitreichenden Gehirnnetzwerken beruhen.“ Mittels funktioneller Magnetresonanztomografie kann man sich anschauen, inwieweit das durchschnittliche Aktivitätsniveau von einzelnen Hirnregionen miteinander korreliert.
Die funktionelle Kopplung gibt es auch in verschiedenen räumlichen Dimensionen. Sie reicht von ganz kleinen über weiträumige Netzwerke. Als Beispiel nennt Claus Hilgetag Schaltkreise auf Mikroebene, also einzelne erregende oder hemmende Neurone, die miteinander „verdrahtet“ sind und zusammenarbeiten. „Sie können als Zellverband verschiedene Rhythmen, Schwingungen gleicher Frequenz erzeugen, denen allgemeine Funktionszustände des Gehirns entsprechen wie beispielsweise der Ruhezustand beim Nichtstun oder die Verarbeitung von Sinnesreizen.“ Die funktionelle Kopplung ist aber auch über sehr große Entfernungen relevant, etwa bei der Kommunikation zwischen weit auseinander liegenden Hirnrindenarealen.
EEG
Elektroencephalogramm/-/electroencephalography
Bei dem Elektroencephalogramm, kurz EEG handelt es sich um eine Aufzeichnung der elektrischen Aktivität des Gehirns (Hirnströme). Die Hirnströme werden an der Kopfoberfläche oder mittels implantierter Elektroden im Gehirn selbst gemessen. Die Zeitauflösung liegt im Millisekundenbereich, die räumliche Auflösung ist hingegen sehr schlecht. Entdecker der elektrischen Hirnwellen bzw. des EEG ist der Neurologe Hans Berger (1873−1941) aus Jena.
Neuron
Neuron/-/neuron
Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.
Aufmerksamkeit
Aufmerksamkeit/-/attention
Aufmerksamkeit dient uns als Werkzeug, innere und äußere Reize bewusst wahrzunehmen. Dies gelingt uns, indem wir unsere mentalen Ressourcen auf eine begrenzte Anzahl von Bewusstseinsinhalten konzentrieren. Während manche Stimuli automatisch unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen, können wir andere kontrolliert auswählen. Unbewusst verarbeitet das Gehirn immer auch Reize, die gerade nicht im Zentrum unserer Aufmerksamkeit stehen.
Magnetresonanztomographie
Magnetresonanztomographie/-/magnetic resonance imaging
Ein bildgebendes Verfahren, das Mediziner zur Diagnose von Fehlbildungen in unterschiedlichen Geweben oder Organen des Körpers einsetzen. Die Methode wird umgangssprachlich auch Kernspin genannt. Sie beruht darauf, dass die Kerne mancher Atome einen Eigendrehimpuls besitzen, der im Magnetfeld seine Richtung ändern kann. Diese Eigenschaft trifft unter anderem auf Wasserstoff zu. Deshalb können Gewebe, die viel Wasser enthalten, besonders gut dargestellt werden. Abkürzung: MRT.
Aufeinander abgestimmte Hirnwellen
Eine besondere Rolle für die Kommunikation zwischen Hirnarealen spielt die so genannte Phasenkopplung oder Kohärenz It’s the rhythm. „Damit ist gemeint, dass die Hirnwellen zweier Hirnregionen im EEG, genauer die Berge und Täler dieser Wellen, gut aufeinander abgestimmt sind“, sagt der Hirnforscher Andreas Engel. Er ist Leiter des Instituts für Neurophysiologie und Pathophysiologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Für eine Studie im Jahr 2011 schauten sich Engel und seine Kollegen an, wie sich die Phasenkopplung auf die Wahrnehmung auswirkt. Für unbewusste Prozesse wie etwa frühe sensorische Verarbeitung, bei Gedächtnisprozessen oder auch in der Navigation im Raum sind die Phasenkopplungen gut verstanden. Für bewusste Prozesse gilt das weniger – und für die interessieren sich Andreas Engel und Kollegen.
In ihrem Experiment bekamen die Probanden immer den gleichen Reiz präsentiert. Auf einem Bildschirm sahen die Freiwilligen, wie zwei Balken von links und rechts aufeinander zulaufen. Wenn die Balken sich in der Mitte begegneten, spielten die Forscher ein klackendes Geräusch ein – wie beim Aufeinandertreffen zweier Billardkugeln; dann liefen die Balken wieder auseinander. „Diese Reizkonstellation ist mehrdeutig“, sagt Andreas Engel. „Entweder wirkt es subjektiv so, als würden die Balken durcheinander hindurchlaufen, bis zur Gegenseite gelangen und verschwinden.“ Die andere mögliche Wahrnehmung sei, dass die Balken wie Billardkugeln aufeinanderstoßen, voneinander abprallen und wieder zu ihrem Ausgangspunkt zurückkehren.
Im EEG stießen die Wissenschaftler auf eine Phasenkopplung zwischen verschiedenen weit verteilten Hirnregionen aus dem so genannten dorsalen Aufmerksamkeitsnetzwerk. Zu diesem Netzwerk gehören unter anderem der parietale Cortex und die frontalen Augenfelder, die für die Steuerung der Aufmerksamkeit und der äußeren Augenmuskeln wichtig sind. „Die Phasenkopplung trat im Betafrequenzbereich von rund 20 Hz auf, ein Bereich, der mit mentaler Wachheit einhergeht“, sagt Engel. Und das Interessante: Sie trat nur auf, wenn die Probanden subjektiv das „Billardkugel“-Szenario vor sich sahen, bei dem die beiden Balken voneinander abprallen. In diesem Frequenzbereich ist also bei dem Billardkugel-Szenario die funktionelle Kommunikation des Aufmerksamkeitsnetzwerkes stärker ausgeprägt. „Wir vermuten, dass die in der eigenen Dynamik des Gehirns entstehenden Fluktuationen die Wahrnehmung beeinflussen“, erläutert Andreas Engel. Schwankungen in der rhythmischen Abstimmung der Betawellen könnten dabei die spontanen Änderungen der bewussten Wahrnehmung bestimmen.
Wahrnehmung
Wahrnehmung/Perceptio/perception
Der Begriff beschreibt den komplexen Prozess der Informationsgewinnung und –verarbeitung von Reizen aus der Umwelt sowie von inneren Zuständen eines Lebewesens. Das Gehirn kombiniert die Informationen, die teils bewusst und teils unbewusst wahrgenommen werden, zu einem subjektiv sinnvollen Gesamteindruck. Wenn die Daten, die es von den Sinnesorganen erhält, hierfür nicht ausreichen, ergänzt es diese mit Erfahrungswerten. Dies kann zu Fehlinterpretationen führen und erklärt, warum wir optischen Täuschungen erliegen oder auf Zaubertricks hereinfallen.
EEG
Elektroencephalogramm/-/electroencephalography
Bei dem Elektroencephalogramm, kurz EEG handelt es sich um eine Aufzeichnung der elektrischen Aktivität des Gehirns (Hirnströme). Die Hirnströme werden an der Kopfoberfläche oder mittels implantierter Elektroden im Gehirn selbst gemessen. Die Zeitauflösung liegt im Millisekundenbereich, die räumliche Auflösung ist hingegen sehr schlecht. Entdecker der elektrischen Hirnwellen bzw. des EEG ist der Neurologe Hans Berger (1873−1941) aus Jena.
dorsal
dorsal/-/dorsal
Die Lagebezeichnung dorsal bedeutet „zum Rücken hin“ gelegen. Im Bezug auf das Nervensystem handelt es sich um eine Richtung senkrecht zur neuralen Achse, also nach oben zum Kopf oder nach hinten.
Bei Tieren ohne aufrechten Gang ist die Bezeichnung einfacher, dort bedeutet sie immer zum Rücken hin. Durch den aufrechten Gang des Menschen knickt das Gehirn im Bezug auf das Rückenmark ab, wodurch dorsal zu „oben“ wird.
Cortex
Großhirnrinde/Cortex cerebri/cerebral cortex
Der Cortex cerebri, kurz Cortex genannt, bezeichnet die äußerste Schicht des Großhirns. Sie ist 2,5 mm bis 5 mm dick und reich an Nervenzellen. Die Großhirnrinde ist stark gefaltet, vergleichbar einem Taschentuch in einem Becher. So entstehen zahlreiche Windungen (Gyri), Spalten (Fissurae) und Furchen (Sulci). Ausgefaltet beträgt die Oberfläche des Cortex ca 1.800 cm2.
Aufmerksamkeit
Aufmerksamkeit/-/attention
Aufmerksamkeit dient uns als Werkzeug, innere und äußere Reize bewusst wahrzunehmen. Dies gelingt uns, indem wir unsere mentalen Ressourcen auf eine begrenzte Anzahl von Bewusstseinsinhalten konzentrieren. Während manche Stimuli automatisch unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen, können wir andere kontrolliert auswählen. Unbewusst verarbeitet das Gehirn immer auch Reize, die gerade nicht im Zentrum unserer Aufmerksamkeit stehen.
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Effiziente Kommunikation
Engel ging mit seinen Kollegen in einer anderen Studie noch einen Schritt weiter. Diesmal beeinflussten sie selbst bei Probanden die Wahrnehmung eines zweideutigen Reizes: eine subjektiv zum einen vertikal und zum anderen horizontal wirkende Scheinbewegung. Dafür griffen die Forscher auf die so genannte transkranielle Wechselstromstimulation zurück. Sie stimulierten mit Elektroden den okzipitalen Cortex in der linken und rechten Hirnhälfte, der für die Wahrnehmung von Bewegung wichtig ist. Auf diese Weise konnten Engel und seine Kollegen gezielt Gammawellen, Schwingungen im Bereich von 40 Hz, beeinflussen. Brachten sie so die beiden Hirnhemisphären dazu, vermehrt im Gleichtakt zu schwingen, sahen die Probanden verstärkt die horizontale Scheinbewegung. Um subjektiv diese horizontale Scheinbewegung wahrzunehmen, müssen nach Aussage der Forscher die linke und die rechte Hemisphäre stärker miteinander kommunizieren. Und durch die Phasenkopplung im Gammafrequenzbereich wurde offensichtlich der Signaltransfer zwischen den Hirnhälften gefördert.
Welche Rolle genau derartige funktionelle Kopplungen für die bewusste Wahrnehmung spielen, ist bislang noch nicht im Detail verstanden. Andreas Engel und Claus Hilgetag konnten in einer gemeinsamen Übersichtsarbeit von 2013 nur Vermutungen anstellen: Offensichtlich erleichtert die Phasenkopplung die Kommunikation zwischen räumlich getrennten Hirnregionen. Das macht die Informationsverarbeitung effizienter, wenn unser Gehirn etwa Reize verarbeitet. So fanden Studien unter anderem heraus, dass kurz präsentierte und damit nur schwer wahrnehmbare Reize eher bewusst registriert werden, wenn Gammawellen im Gleichklang schwingen. Änderungen dieser Schwingungen spiegeln dabei offensichtlich die wechselnde Aufmerksamkeit und die Erwartung von Probanden wieder.
Wahrnehmung
Wahrnehmung/Perceptio/perception
Der Begriff beschreibt den komplexen Prozess der Informationsgewinnung und –verarbeitung von Reizen aus der Umwelt sowie von inneren Zuständen eines Lebewesens. Das Gehirn kombiniert die Informationen, die teils bewusst und teils unbewusst wahrgenommen werden, zu einem subjektiv sinnvollen Gesamteindruck. Wenn die Daten, die es von den Sinnesorganen erhält, hierfür nicht ausreichen, ergänzt es diese mit Erfahrungswerten. Dies kann zu Fehlinterpretationen führen und erklärt, warum wir optischen Täuschungen erliegen oder auf Zaubertricks hereinfallen.
Cortex
Großhirnrinde/Cortex cerebri/cerebral cortex
Der Cortex cerebri, kurz Cortex genannt, bezeichnet die äußerste Schicht des Großhirns. Sie ist 2,5 mm bis 5 mm dick und reich an Nervenzellen. Die Großhirnrinde ist stark gefaltet, vergleichbar einem Taschentuch in einem Becher. So entstehen zahlreiche Windungen (Gyri), Spalten (Fissurae) und Furchen (Sulci). Ausgefaltet beträgt die Oberfläche des Cortex ca 1.800 cm2.
Hemisphäre
Hemisphäre/-/hemisphere
Großhirn und Kleinhirn bestehen aus je zwei Hälften – der rechten und der linken Hemisphäre. Im Großhirn sind sie verbunden durch drei Bahnen (Kommissuren). Die größte Kommissur ist der Balken, das Corpus callosum.
Aufmerksamkeit
Aufmerksamkeit/-/attention
Aufmerksamkeit dient uns als Werkzeug, innere und äußere Reize bewusst wahrzunehmen. Dies gelingt uns, indem wir unsere mentalen Ressourcen auf eine begrenzte Anzahl von Bewusstseinsinhalten konzentrieren. Während manche Stimuli automatisch unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen, können wir andere kontrolliert auswählen. Unbewusst verarbeitet das Gehirn immer auch Reize, die gerade nicht im Zentrum unserer Aufmerksamkeit stehen.
Infrastruktur ist nicht alles
Wie die funktionellen Kopplungen durch die räumlich verteilten Nervenzellen bei einer bewussten Wahrnehmung generiert werden, ist auch noch nicht ganz geklärt. „Für die funktionelle Kopplung ist die strukturelle, also die anatomische Verknüpfung von Nervenzellen und Hirnregionen zwar zweifelsohne wichtig“, sagt Andreas Engel (siehe Info-Kasten). Im Falle der Kommunikation zwischen den Hemisphären sei beispielsweise das Corpus callosum, der Balken, relevant. Doch beim eigentlichen Datenfluss kämen auch andere Faktoren zum Zuge. „Hier spielen spontane Fluktuationen im Gehirn eine wichtige Rolle.“ Wie in jedem dynamischen System beeinflusse die eigene Dynamik des Systems – also, was vorher passierte – das weitere Geschehen. „Auch meine Erwartungen, meine Motivation und vieles andere mehr beeinflusst die funktionelle Kopplung und letztlich, wie ich beispielsweise einen Reiz wahrnehme.“
Die bloße Infrastruktur ist eben in Sachen Datenfluss nicht alles – weder im Gehirn, noch im weltweiten Netz des Internets.
Neuron
Neuron/-/neuron
Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.
Wahrnehmung
Wahrnehmung/Perceptio/perception
Der Begriff beschreibt den komplexen Prozess der Informationsgewinnung und –verarbeitung von Reizen aus der Umwelt sowie von inneren Zuständen eines Lebewesens. Das Gehirn kombiniert die Informationen, die teils bewusst und teils unbewusst wahrgenommen werden, zu einem subjektiv sinnvollen Gesamteindruck. Wenn die Daten, die es von den Sinnesorganen erhält, hierfür nicht ausreichen, ergänzt es diese mit Erfahrungswerten. Dies kann zu Fehlinterpretationen führen und erklärt, warum wir optischen Täuschungen erliegen oder auf Zaubertricks hereinfallen.
Motivation
Motivation/-/motivation
Ein Motiv ist ein Beweggrund. Wird dieser wirksam, spürt das Lebewesen Motivation – es strebt danach, sein Bedürfnis zu befriedigen. Zum Beispiel nach Nahrung, Schutz oder Fortpflanzung.
zum Weiterlesen:
- Engel, A.K. et al.: Intrinsic coupling modes: multiscale interactions in ongoing brain activity. Neuron. 2013 Nov 20;80(4):867 – 86. (abstract)
- Hipp JF et al.: Oscillatory synchronization in large-scale cortical networks predicts perception. Neuron. 2011 Jan 27;69(2):387 – 96. (abstract)
- Helfrich RF et al.: Selective modulation of interhemispheric functional connectivity by HD-tACS shapes perception. PLoS Biol. 2014 Dec 30;12(12). (Volltext)
Neuron
Neuron/-/neuron
Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.