Offene Fragen im Netzwerk

© Jeff Lichtman
Offene Fragen im Netzwerk
Author: Arvid Leyh

Netzwerke lassen sich in der Theorie überzeugend beschreiben, doch das hochkomplexe System Gehirn stellt uns in der Vielfältigkeit seiner Strukturen vor zusätzliche und teils eher ungewöhnliche Fragen.

Scientific support: Prof. Dr. Eckhard Friauf

Published: 31.12.2015

Difficulty: intermediate

Das Wichtigste in Kürze
  • Laut Ramón y Cajal folgt die Dendritenbildung drei Gesetzen und strebt nach Materialerhaltung, kurzen Pfaden und der Erhaltung von Raum.
  • Ein größeres Gehirn scheitert beim Menschen am Geburtskanal der Mutter. Es würde aber auch nicht zwangsläufig zu mehr Intelligenz führen.
  • Kohärente Feuerungsraten werden durch Interneurone moduliert. Diese haben einen hohen Energieverbrauch.
  • Die Ursachen von Synästhesie sind noch nicht geklärt, möglicherweise sind Fehlverschaltungen von Arealen verantwortlich.
  • Alle drei Arten von Gliazellen haben maßgeblichen Anteil an den Netzwerken der Neurone.

Intelligenz

Intelligenz/-/intelligence

Sammelbegriff für die kognitive Leistungsfähigkeit des Menschen. Dem britischen Psychologen Charles Spearman zufolge sind kognitive Leistungen, die Menschen auf unterschiedlichen Gebieten erbringen, mit einem Generalfaktor (g-​Faktor) der Intelligenz korreliert. Demnach lasse sich die Intelligenz durch einen einzigen Wert ausdrücken. Hierzu hat u.a. der US-​Amerikaner Howard Gardner ein Gegenkonzept entwickelt, die „Theorie der multiplen Intelligenzen“. Dieser Theorie zufolge entfaltet sich die Intelligenz unabhängig voneinander auf folgenden acht Gebieten: sprachlich-​linguistisch, logisch-​mathematisch, musikalisch-​rhythmisch, bildlich-​räumlich, körperlich-​kinästhetisch, naturalistisch, intrapersonal und interpersonal.

Interneurone

Interneuron/-/interneuron

Ein kleines multipolares Neuron, das zwischen zwei andere Neurone geschaltet ist und Impulse von einer Nervenzelle zur anderen leitet. Im Zentralen Nervensystem sind Interneurone meist hemmend und nutzen die Botenstoffe GABA und Glycin.

Synästhesie

Synästhesie/-/synesthesia

Synästhesie ist Verknüpfung zweier oder mehrerer Sinneswahrnehmungen zu einer subjektiven Empfindung. Bei Synästhetikern wird beispielsweise die Zahl sieben stets mit rot in Verbindung gebracht. Synästhesien scheinen eine erbliche Komponente zu haben, sie treten jedoch auch krankheitsbedingt (z.B. Schizophrenie) oder drogeninduziert (beispielsweise durch Halluzinogene) auf.

Gliazellen

Gliazellen/-/glia cells

Gliazellen stellen neben den Neuronen die zweite Gruppe große Gruppe von Zellen im Gehirn. Sie wurden lange Zeit als die inaktiven Elemente des Gehirns, als „Nervenkitt“ bezeichnet. Heute weiss man, dass die verschiedenen Typen von Gliazellen (Astrozyten, Oligodendrozyten und Mikrogliazellen) klar definierte Aufgaben im Nervensystem erfüllen. So reagieren sie z. B. auf Krankheitserreger, spielen eine wichtige Rolle bei der Ernährung der Nervenzellen oder isolieren Nervenfasern. Ihr Anteil im Vergleich zu den Neuronen liegt bei etwas über 50 Prozent.

Neuron

Neuron/-/neuron

Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.

Was ein Netzwerk ist, weiß jeder. Wir denken an Spinnennetze, Straßennetze, Telefonnetze, das Internet. Wir können uns vorstellen, dass manche Verbindungen kritisch sind für die Funktion, dass manche Ecken mehr Kontakte erhalten, andere weitab vom Schuss liegen und dass all das ziemlich groß und komplex ist. Allein der Begriff „Netzwerk“ ist so gebräuchlich, dass wir die vielen offenen Fragen drum herum oft vergessen.

Das gilt besonders für das Gehirn, dessen Faserverbindungen vielfach gewunden und ineinander verwoben sind, oft redundant und in vorwärts und rückwärts gerichteten Schleifen. Es muss eine gehörige Portion Motivation mitbringen, wer die Netzwerke des Gehirns erforschen will. Und ausgefuchste Methoden. Wie gesagt: An Fragen mangelt es nicht. Hier gehen wir einigen von ihnen auf den Grund.

Motivation

Motivation/-/motivation

Ein Motiv ist ein Beweggrund. Wird dieser wirksam, spürt das Lebewesen Motivation – es strebt danach, sein Bedürfnis zu befriedigen. Zum Beispiel nach Nahrung, Schutz oder Fortpflanzung.

Ist ein größeres Gehirn automatisch ein besseres Gehirn?

Manche dieser Fragen sind grundsätzlicher Natur und durchaus schon älter. So hat sich bereits der Mediziner und Pionier der Neurologie, Santiago Ramón y Cajal, vor über 100 Jahren gefragt, nach welchen Prinzipien sich die Neurone – die er selbst gerade als grundlegende Einheiten entdeckt hatte – vernetzen (Kampf um die Neuronendoktrin). Theoretisch gäbe es hier zwei gegensätzliche Möglichkeiten: Würde das einzelne Neuron möglichst viele, fein verästelte Arme ausbilden, könnte es viele andere Nervenzellen erreichen und sehr schnell mit ihnen in Kontakt treten. Doch diese kurzen Wege würden nicht nur Material kosten, sondern auch jede Menge Platz. Bildeten die Neurone hingegen nur sehr wenige Äste, diese dafür lang und weiträumig, würde dies vermutlich Zeit kosten. Laut Ramón y Cajal aber folgt die Dendritenbildung drei Gesetzen: Sie strebt nach Materialerhaltung, kurzen Pfaden und der Erhaltung von Raum. Es muss also noch eine andere Lösung geben.

Und vor allem Raum ist tatsächlich ein entscheidender Faktor – vor allem im weiblichen Becken: Ein größerer Kopf des Fötus würde massive Probleme bei der Geburt verursachen. Doch über einen Trick hat uns die Evolution eine deutliche Oberflächenvergrößerung des Cortex spendiert, indem sie ihn, sozusagen, zusammenknüllt. Oder besser: faltet. Es gibt eine These, nach der sich diese Faltung durch die Länge der Axone ergibt: Entlang ihres begrenzten Wachstums zieht sich der Cortex während der Gehirnentwicklung in seine charakteristische Form.

Der Homo sapiens ist um die 40.000 Jahre alt und großartige Veränderungen an seinem beeindruckenden Gehirn hat es seitdem nicht gegeben – könnten wir einen Frühmenschen in die heutige Zeit teleportieren und würde er in einer modernen Familie in einem zeitgemäßen Leben aufwachsen, könnte auch er problemlos BWL studieren. Doch was wäre, wenn wir tatsächlich einen größeren Kopf hätten – bedeutet mehr Platz auch gleich Homo sapiens 2.0?

Nun: Schiere Größe ist nicht alles, auch beim Gehirn nicht. Der Hirnforscher Gerhard Roth von der Universität Bremen bringt an dieser Stelle gern das Beispiel des Blauwals, der zwar einige bemerkenswerte Fähigkeiten hat, dessen großes Gehirn aber mehr dem einer Kuh gleicht – nur in anderen Dimensionen. Zwar seien die Größe des Gehirns, des Cortex und vor allem des präfrontalen Cortex wichtige Indizien für Intelligenz, doch sei die Anzahl der corticalen Neurone und die axonale Leitungsgeschwindigkeit deutlich wichtiger.

Nimmt man all das zusammen, machen wir Menschen das Beste aus unseren aktuellen Möglichkeiten. Der Preis dafür besteht in einer langen Phase der Entwicklung – im Vergleich zu vielen anderen Tieren werden wir viel zu früh geboren. Und bis das Gehirn schlussendlich ausgereift ist, dauert es 25 Jahre.

Neuron

Neuron/-/neuron

Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.

Neuronendoktrin

Neuroendoktrin/-/neuron doctrine

Die Neuronendoktrin bildet die Grundlage für unser heutiges Verständnis des Nervensystems. Demnach besteht das Gehirn nicht aus einem einzigen, zusammenhängenden Nervennetz, sondern aus individuellen Nervenzellen, die über Kontaktstellen miteinander kommunizieren. Dies entdeckte der Italiener Ramon y Cajal Ende des 19. Jahrhunders, als er Nervenzellpräparate von Hühnern und Säugetieren anfärbte. Er nutzte dabei eine Färbetechnik, die Camillo Golgi entwickelt hatte. Für ihre Leistung durften sich die beiden – dummerweise zerstrittenen – Forscher im Jahr 1906 den Medizin-​Nobelpreis teilen.

Neuron

Neuron/-/neuron

Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.

Neuron

Neuron/-/neuron

Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.

Cortex

Großhirnrinde/Cortex cerebri/cerebral cortex

Der Cortex cerebri, kurz Cortex genannt, bezeichnet die äußerste Schicht des Großhirns. Sie ist 2,5 mm bis 5 mm dick und reich an Nervenzellen. Die Großhirnrinde ist stark gefaltet, vergleichbar einem Taschentuch in einem Becher. So entstehen zahlreiche Windungen (Gyri), Spalten (Fissurae) und Furchen (Sulci). Ausgefaltet beträgt die Oberfläche des Cortex ca 1.800 cm2.

Axon

Axon/-/axon

Das Axon ist der Fortsatz der Nervenzelle, der für die Weiterleitung eines Nervenimpulses zur nächsten Zelle zuständig ist. Ein Axon kann sich vielfach verzweigen, und so eine Vielzahl nachgeschalteter Nervenzellen erreichen. Seine Länge kann mehr als einen Meter betragen. Das Axon endet in einer oder mehreren Synapse(n).

Präfrontaler Cortex

Präfrontaler Cortex/-/prefrontal cortex

Der vordere Teil des Frontallappens, kurz PFC ist ein wichtiges Integrationszentrum des Cortex (Großhirnrinde): Hier laufen sensorische Informationen zusammen, werden entsprechende Reaktionen entworfen und Emotionen reguliert. Der PFC gilt als Sitz der exekutiven Funktionen (die das eigene Verhalten unter Berücksichtigung der Bedingungen der Umwelt steuern) und des Arbeitsgedächtnisses. Auch spielt er bei der Bewertung des Schmerzreizes eine entscheidende Rolle.

Warum verbraucht das Gehirn so viel Energie?

Neben dem Raum spielt der Energieverbrauch eine große Rolle. Der ist vergleichsweise enorm: Anderthalb Kilogramm zentrales Nervensystem kosten die restlichen 50, 70, 90 Kilogramm des Körpers 20 Prozent seiner Energie. Das muss schon ein wichtiges Organ sein, dem die Evolution solch einen Etat zubilligt. Wie also steht es um den Energieverbrauch unserer Neurone?

Nun, da gibt es solche und solche. Oliver Kann von der Universität Heidelberg erforscht den Energieverbrauch am Beispiel bestimmter Gehirnfrequenzen – der Gammaoszillationen. Sie sind für fundamentale Prozesse der Informationsverarbeitung – wie Wahrnehmung, Gedächtnis oder Motorik – wichtig. Und zeigen sich unter anderem im Hippocampus im Zusammenspiel der Pyramidenzellen und der kleinen Population der so genannten „fast spiking interneurons“ – Interneurone, die im Gammabereich zwischen 30 und 100 Hz feuern. Diese gehören zu den Korbzellen, und wie viele Interneurone nutzen sie als Botenstoff den Neurotransmitter GABA. Dadurch haben sie auf die nachgeschalteten Zellen hemmende Effekte – eine der wichtigsten Aufgaben im Netzwerk.

Fast spiking interneurons fallen einerseits durch ihr hochkomplexes Axon auf, über das ein solches Interneuron bis zu 2000 Pyramidenzellen erreichen kann (die, aber das nur in Klammern zum Vergleich, nur eine Aktivität von ein bis zwei Hz aufweisen). Zum anderen sind diese Interneurone durch eine hohe Anzahl von Mitochondrien charakterisiert, die winzigen Kraftwerke der Zelle, die sie mit Energie versorgen. Und davon brauchen die schnell feuernden Interneurone jede Menge, denn sie sind es, die die Aktivität der Pyramidenzellen synchronisieren und so erst die nötige Kohärenz sicherstellen.

Mithilfe von Elektroden misst Oliver Kann nun den Sauerstoffverbrauch und damit den Energieumsatz bei Gammaoszillationen: Er liegt am oberen Limit der Leistungsfähigkeit der Mitochondrien. Liegt das am Gamma? Es sieht ganz so aus, denn wird umgekehrt die Sauerstoffzufuhr reduziert, nehmen die Gammafrequenzen schnell ab. Und es gilt wahrscheinlich auch: je kohärenter die Oszillationen, umso höher der Energieverbrauch. Was allerdings genau den hohen Energieverbrauch verursacht – die hohe Feuerrate, das stark verzweigte Axon mit seinen vielen Synapsen, die Synthese, Ausschüttung und Wiederaufnahme von GABA an jeder einzelnen dieser Synapsen – und wie sich der Verbrauch auf Prä– und Postsynapse verteilt, ist eine neue Frage.

Gedächtnis

Gedächtnis/-/memory

Gedächtnis ist ein Oberbegriff für alle Arten von Informationsspeicherung im Organismus. Dazu gehören neben dem reinen Behalten auch die Aufnahme der Information, deren Ordnung und der Abruf.

Hippocampus

Hippocampus/Hippocampus/hippocampual formatio

Der Hippocampus ist der größte Teil des Archicortex und ein Areal im Temporallappen. Er ist zudem ein wichtiger Teil des limbischen Systems. Funktional ist er an Gedächtnisprozessen, aber auch an räumlicher Orientierung beteiligt. Er umfasst das Subiculum, den Gyrus dentatus und das Ammonshorn mit seinen vier Feldern CA1-​CA4.

Veränderungen in der Struktur des Hippocampus durch Stress werden mit Schmerzchronifizierung in Zusammenhang gebracht. Der Hippocampus spielt auch eine wichtige Rolle bei der Verstärkung von Schmerz durch Angst.

Pyramidenzellen

Pyramidenzellen/-/pyramidal neuron

Pyramidenzellen sind die häufigsten Neurone im Cortex (Großhirnrinde). Sie sind besonders groß und ihr „dreizipfliger“ Zellkörper erinnert im Schnittbild an einen Kegel oder eine Pyramide.

Interneurone

Interneuron/-/interneuron

Ein kleines multipolares Neuron, das zwischen zwei andere Neurone geschaltet ist und Impulse von einer Nervenzelle zur anderen leitet. Im Zentralen Nervensystem sind Interneurone meist hemmend und nutzen die Botenstoffe GABA und Glycin.

Neurotransmitter

Neurotransmitter/-/neurotransmitter

Ein Neurotransmitter ist ein chemischer Botenstoff, eine Mittlersubstanz. An den Orten der Zell-​Zellkommunikation wird er vom Senderneuron ausgeschüttet und wirkt auf das Empfängerneuron erregend oder hemmend.

GABA

GABA/-/GABA

GABA ist eine Aminosäure und der wichtigste inhibitorische, also hemmende Neurotransmitter, der bei der Informationsübertragung zwischen Neuronen an deren Synapsen als Botenstoff dient.

Axon

Axon/-/axon

Das Axon ist der Fortsatz der Nervenzelle, der für die Weiterleitung eines Nervenimpulses zur nächsten Zelle zuständig ist. Ein Axon kann sich vielfach verzweigen, und so eine Vielzahl nachgeschalteter Nervenzellen erreichen. Seine Länge kann mehr als einen Meter betragen. Das Axon endet in einer oder mehreren Synapse(n).

Mitochondrien

Mitochondrien/-/mitochondria

Mitochondrien sind Organellen im Inneren einer Zelle, sie werden auch als „Kraftwerk“ der Zellen bezeichnet, da sie diese mit Energie versorgen. Sie haben eine eigene DNA, die nur über die Mutter vererbt wird.

Synapse

Synapse/-/synapse

Eine Synapse ist eine Verbindung zwischen zwei Neuronen und dient deren Kommunikation. Sie besteht aus einem präsynaptischen Bereich – dem Endknöpfchen des Senderneurons – und einem postsynaptischen Bereich – dem Bereich des Empfängerneurons mit seinen Rezeptoren. Dazwischen liegt der sogenannte synaptische Spalt.

Warum überlappen Netzwerke im Gehirn?

Kommen wir vom Theoretischen ins Praktische: Wir wissen, dass das einzelne Neuron Teil verschiedener Netzwerke sein kann. Zum Glück, denn das Prinzip des Großmutterneurons – bei dem ein Neuron einen Sachverhalt speichert, was unter Neurowissenschaftlern lange Zeit diskutiert wurde – würde unser Gedächtnis rasch an den Rand seiner Speicherkapazität bringen. Durch die „kombinatorische Codierung“ kann eine Nervenzelle Teil des Netzwerkes „Erinnerungen an Papa“ und des Netzwerkes „Erinnerungen an Mama“ und auch noch an einem für Oma, Opa sein. Nicht nur für das Gedächtnis sind diese verwobenen Netzwerke eine gute Sache.

Auch Gruppen von Netzwerken, die Assemblies, überlappen – das ist die Regel, nicht die Ausnahme. Ist das womöglich das Geheimnis hinter dem Phänomen der Synästhesie? Sind hier die Netzwerke zur Verarbeitung der einzelnen Sinnesmodalitäten nicht klar voneinander getrennt? Bekommen deshalb also Farben einen Geschmack oder Wochentage eine Farbe? Daniel Durstewitz vom Bernstein Center for Computational Neuroscience in Heidelberg sagt: nein. Vermutet werde vielmehr, dass bei der Synästhesie Konnektivitäten zwischen Arealen vorliegt, die so eigentlich nicht vorgesehen sind.

Neuron

Neuron/-/neuron

Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.

Großmutterneuron

Großmutterneuron/-/grandmother cell

Anspielung auf ein mittlerweile überholtes Modell aus der Lernpsychiologie. Den Begriff dachte sich der polnische Neurophysiologe Jerzy Konorski in den 1960er-​Jahren aus. Er stellte sich vor, dass ein bestimmter kognitiver Vorgang im Gehirn – etwa der Gedanken an die eigene Großmutter – stets mit der Aktivität ein– und desselben Neurons verknüpft ist. Wie Wissenschaftler mittlerweile herausgefunden haben, ist das Ganze aber etwas komplizierter: Erinnerungen werden durch ein räumliches und zeitliches Muster von Aktionspotenzialen unterschiedlicher Nervenzellen generiert.

Gedächtnis

Gedächtnis/-/memory

Gedächtnis ist ein Oberbegriff für alle Arten von Informationsspeicherung im Organismus. Dazu gehören neben dem reinen Behalten auch die Aufnahme der Information, deren Ordnung und der Abruf.

Neuron

Neuron/-/neuron

Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.

Geschmack

Geschmack/-/flavor

Der Sinneseindruck, den wir als „Geschmack“ bezeichnen, ergibt sich aus dem Zusammenspiel zwischen Geruchs– und Geschmackssinn. Sinnesphysiologisch ist „Geschmack“ jedoch auf den Eindruck begrenzt, den uns die Geschmacksrezeptoren auf der Zunge und in den umgebenden Schleimhäuten zuführen. Aktuell geht man davon aus, dass es fünf verschiedene Sorten von Geschmacksrezeptoren gibt, die auf die Geschmacksqualitäten süß, sauer, salzig, bitter und umami spezialisiert sind. 2005 haben Wissenschaftler zudem einen möglichen Geschmacksrezeptor für Fett identifiziert.

Synästhesie

Synästhesie/-/synesthesia

Synästhesie ist Verknüpfung zweier oder mehrerer Sinneswahrnehmungen zu einer subjektiven Empfindung. Bei Synästhetikern wird beispielsweise die Zahl sieben stets mit rot in Verbindung gebracht. Synästhesien scheinen eine erbliche Komponente zu haben, sie treten jedoch auch krankheitsbedingt (z.B. Schizophrenie) oder drogeninduziert (beispielsweise durch Halluzinogene) auf.

Welche Rolle spielen die Gliazellen?

Gliazellen gelten als die aufsteigenden Sterne im Gehirn. Oder zumindest in der Forschung: Lange ließen die Wissenschaftler sie links liegen, galten die Gliazellen doch als reine Versorger. Tatsächlich wurden sie sogar – ähnlich den Nervenzellen vor der Forschung von Ramón y Cajal – als verschmolzene Struktur, also als Synzytium betrachtet. Das hat sich inzwischen erledigt, das Interesse an ihnen ist in den letzten zwanzig Jahren nachgerade explodiert. Und was die Wissenschaftler seitdem entdecken, versetzt sie in großes Erstaunen: Zum Beispiel bilden Astrozyten, eine Untergruppe der Gliazellen, eigene Netzwerke, in denen sie über Kalziumwellen miteinander kommunizieren. Auch erstaunlich: Die Netzwerke von Astrozyten und Neuronen überlagern sich in stark funktional ausgeprägten Teilen des Cortex wie der somatosensorischen Rinde oder dem Riechkolben. Welche Rolle also spielen Gliazellen für die Netzwerke der Neurone?

Eine große: Indem sie etwa als Oligodendrozyten mit ihren Myelinscheiden die Axone umhüllen und so nicht nur eine schnellere Erregungsleitung ermöglichen, sondern durch die Versorgung der Fasern mit Nährstoffen eine Länge von bis zu einem Meter fünfzig beim Menschen überhaupt erst zulassen. Mikroglia, die zweite große Gruppe der Gliazellen, sind in der Lage, Synapsen abzubauen. Und die dritte Gruppe, die Astrozyten, umhüllen Synapsen und optimieren die Signalübertragung. Sie sind in dieser so genannten triparten Synapse der dritte Partner neben den beiden beteiligten Neuronen und damit wichtiger Teil der Langzeitplastizität, stärken also Verbindungen zwischen Neuronen an den Synapsen: Auf diese Weise beeinflussen sie, welchen Fluss die Verarbeitung durch das Netzwerk nimmt, welche Informationen leichter ausgelesen werden – und so letzten Endes auch die Entscheidungsfindung. Denn auch Netzwerke konkurrieren untereinander – und das effiziente Netzwerk ist das mit den stärkeren Synapsen. Der Gewinner wird ausgelesen. Die anderen Signale versinken im Vergessen.

Gliazellen

Gliazellen/-/glia cells

Gliazellen stellen neben den Neuronen die zweite Gruppe große Gruppe von Zellen im Gehirn. Sie wurden lange Zeit als die inaktiven Elemente des Gehirns, als „Nervenkitt“ bezeichnet. Heute weiss man, dass die verschiedenen Typen von Gliazellen (Astrozyten, Oligodendrozyten und Mikrogliazellen) klar definierte Aufgaben im Nervensystem erfüllen. So reagieren sie z. B. auf Krankheitserreger, spielen eine wichtige Rolle bei der Ernährung der Nervenzellen oder isolieren Nervenfasern. Ihr Anteil im Vergleich zu den Neuronen liegt bei etwas über 50 Prozent.

Neuron

Neuron/-/neuron

Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.

Astrozyt

Astrozyt/-/astrocyte, astroglia

Astrozyten sind die größten unter den Gliazellen. Zu ihren Aufgaben gehören z.B. die Immunabwehr (auch Blut-​Hirn-​Schranke) oder die Wiederaufnahme ausgeschütteter Neurotransmitter (Botenstoffen im Gehirn).

Neuron

Neuron/-/neuron

Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.

Cortex

Großhirnrinde/Cortex cerebri/cerebral cortex

Der Cortex cerebri, kurz Cortex genannt, bezeichnet die äußerste Schicht des Großhirns. Sie ist 2,5 mm bis 5 mm dick und reich an Nervenzellen. Die Großhirnrinde ist stark gefaltet, vergleichbar einem Taschentuch in einem Becher. So entstehen zahlreiche Windungen (Gyri), Spalten (Fissurae) und Furchen (Sulci). Ausgefaltet beträgt die Oberfläche des Cortex ca 1.800 cm2.

Oligodendrozyten

Oligodendrozyten/-/oligodendrocytes

Zellen des Zentralen Nervensystems, die die Myelinscheide um die Nervenzellen bilden und so deren Leitungsgeschwindigkeit erhöhen. Sie gehören zu den Gliazellen.

Axon

Axon/-/axon

Das Axon ist der Fortsatz der Nervenzelle, der für die Weiterleitung eines Nervenimpulses zur nächsten Zelle zuständig ist. Ein Axon kann sich vielfach verzweigen, und so eine Vielzahl nachgeschalteter Nervenzellen erreichen. Seine Länge kann mehr als einen Meter betragen. Das Axon endet in einer oder mehreren Synapse(n).

Synapse

Synapse/-/synapse

Eine Synapse ist eine Verbindung zwischen zwei Neuronen und dient deren Kommunikation. Sie besteht aus einem präsynaptischen Bereich – dem Endknöpfchen des Senderneurons – und einem postsynaptischen Bereich – dem Bereich des Empfängerneurons mit seinen Rezeptoren. Dazwischen liegt der sogenannte synaptische Spalt.

Synapse

Synapse/-/synapse

Eine Synapse ist eine Verbindung zwischen zwei Neuronen und dient deren Kommunikation. Sie besteht aus einem präsynaptischen Bereich – dem Endknöpfchen des Senderneurons – und einem postsynaptischen Bereich – dem Bereich des Empfängerneurons mit seinen Rezeptoren. Dazwischen liegt der sogenannte synaptische Spalt.

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Gibt es ein „Gehirn im Gehirn“?

Doch wie steht es um die angesprochenen Netzwerke der Astrozyten – sind sie tatsächlich als eine Art „Second Brain“ zu betrachten, wie zum Beispiel der amerikanische Forscher Douglas Fields erklärt? Helmut Kettenmann vom Max-​Delbrück-​Centrum für Molekulare Medizin, einer der bekanntesten Gliaforscher, ist skeptisch: Das Gehirn sei als Gesamtheit zu betrachten, nur so sei es funktionsfähig. Rolf Sprengel vom Max-​Planck-​Institut für medizinische Forschung in Heidelberg ergänzt, dass eine globale Aktivität im Astrozytennetzwerk ein Zeichen epileptischer, also pathologischer Aktivität darstellt. Im gesunden Gehirn ist die physiologische Aktivität eher auf lokale Bereiche beschränkt. Doch wer weiß, welche Effekte hier noch auf Entdeckung warten?

Astrozyt

Astrozyt/-/astrocyte, astroglia

Astrozyten sind die größten unter den Gliazellen. Zu ihren Aufgaben gehören z.B. die Immunabwehr (auch Blut-​Hirn-​Schranke) oder die Wiederaufnahme ausgeschütteter Neurotransmitter (Botenstoffen im Gehirn).

Wir wissen, dass wir nichts wissen

Bei der Erforschung des Gehirns stellt uns jede Antwort vor gefühlte zehn neue Fragen. Bis wir eine stimmige Theorie des Gehirns entwickelt haben werden, kann es noch etwas dauern. Eine schlechte Nachricht ist das allerdings nicht: Wären wir – so komplex und voller Möglichkeiten wie wir sind – nicht schrecklich enttäuscht, wenn wir uns einfach mal so durchschauen könnten?

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