Histologie
Die Hirnforschung nutzt verschiedene wissenschaftliche Methoden. Hier stellen wir Ihnen zentrale Arbeitstechniken vor. Zum Beispiel die Methoden der Histologie.
Scientific support: Prof. Dr. Bernd Heimrich
Published: 29.02.2016
Difficulty: serious
- Die Histologie untersucht die Gewebestruktur unter dem Mikroskop.
- Um dem Gehirn seine Geheimnisse zu entlocken, muss man Nervengewebe aufwändig präparieren: Es wird fixiert, eingebettet, in dünne Scheiben geschnitten und eingefärbt.
- Die histologischen Methoden kommen in der Grundlagenforschung zum Einsatz, wenn man zum Beispiel das Konnektom, die Verknüpfungen der Nervenzellen auf mikroskopischer Skala untersuchen möchte. In der Pathologie helfen die Verfahren, anormales Gewebe zu analysieren.
- Trotz aller Vorzüge haben die histologischen Methoden auch den Nachteil, dass sie nicht den lebendigen Zustand wiedergeben.
- Das Methodenarsenal wird ständig aufgestockt. 2015 entwickelten Forscher ein Verfahren, mit dem sich Verbindungen zwischen Nervenzellen im gesamten Mäusegehirn rekonstruieren kann.
Histologie
Histologie/-/histology
Die Histologie ist die Gewebelehre. In ihr werden Gewebeproben untersucht. Das Gewebe wird mit unterschiedlichen Verfahren aufgearbeitet und eingefärbt und in dünne Schichten geschnitten, die eine Untersuchung am Mikroskop erlauben.
Schneiden, Färben … Fönen? Nein, nicht ganz, aber ein bisschen wie beim Friseur muten die grundlegenden Begriffe der Histologie an. Dieses Fachgebiet (von griechisch histos „Gewebe“) untersucht die Gewebestruktur unter dem Mikroskop. Im Falle der Neurohistologie ist das Objekt der wissenschaftlichen Begierde das Gehirn. Doch das Denkorgan gibt seine Geheimnisse nicht ohne Weiteres preis: Man muss es in sehr dünne Scheibchen schneiden, um es mikroskopisch untersuchen zu können. Gehirngewebe erinnert jedoch von seiner Beschaffenheit an Wackelpudding, – nicht fest genug für dünne Schnitte. Die Histologie greift daher auf Methoden zurück, um das Gewebe zu verfestigen, zu fixieren, zu schneiden – und anschließend auch einzufärben.
Histologie
Histologie/-/histology
Die Histologie ist die Gewebelehre. In ihr werden Gewebeproben untersucht. Das Gewebe wird mit unterschiedlichen Verfahren aufgearbeitet und eingefärbt und in dünne Schichten geschnitten, die eine Untersuchung am Mikroskop erlauben.
Funktionsweise
Gewebe, das man aus seinem natürlichen Zusammenhang reißt, verändert sich nach kurzer Zeit – es löst sich selbst auf. Deshalb muss man es in einer speziellen Lösung abtöten, die gleichzeitig sicherstellt, dass die Zellstrukturen möglichst erhalten bleiben. Zusätzlich wird das Gewebe durch diese so genannte Fixierung gehärtet und lässt sich später besser schneiden. Forscher greifen zu verschiedenen Aldehyden wie beispielsweise Formaldehyd als Fixierungsmittel. Durch das Formaldehyd bekommen die „grauen Zellen“ erst ihre berühmte gräuliche Färbung. Im lebendigen Gehirn sind sie eigentlich rosa. Eine relativ lebensnahe Fixierung ist die Perfusionsfixierung. Hier spült man Fixierlösung durch die Blutgefäße des Tiers, das kurz zuvor eine lethale Dosis eines Narkosemittels erhalten hat.
Für die mikroskopische Untersuchung benötigt man Präparate, die Lichtstrahlen oder Elektronen durchlassen – also möglichst dünne Schnitte Mikroskopie. Doch die Härtung des Gewebes durch die Fixierung reicht hierfür nicht aus. Daher muss das Gewebe in einem nächsten Schritt in Substanzen eingebettet werden, die sich schneiden lassen. Meist fällt die Wahl auf Paraffin. Unter anderem wird dabei das in den Geweben reichlich vorhandene Wasser durch zunehmend höher konzentrierten Alkohol ersetzt. Später wird das Gewebe mit erwärmtem, verflüssigtem Paraffin durchtränkt, so auch sämtliche Strukturen innerhalb der Zellen. Für die Elektronenmikroskopie verwenden Forscher auch Kunststoffe zur Aushärtung von Geweben.
Ist das Paraffin erst einmal erkaltet und erhärtet, kann das Gewebepräparat bearbeitet werden. Mit Hilfe von Schneidegeräten können die Gewebeblöcke in Schnitte unterschiedlicher Dicke zerlegt werden. Gängig sind Schnittdicken von 10 bis 50 Mikrometer, die man durch ein so genanntes Mikrotom erzielt. Und mit einem so genannten Ultramikrotom kann man sogar Schnitte von nur 50 Nanometern herstellen, – mehr als 100 Mal dünner als ein menschliches Haar.
Legt man ein so gewonnenes Gewebepräparat aber unters Mikroskop, bietet sich ein enttäuschender Anblick. Alles ist grau in grau. Kaum lassen sich Strukturen ausmachen. Erst eine Färbung sorgt für ein aufschlussreicheres Bild. Es gibt unterschiedliche Farbstoffe, die jeweils nur bestimmte Strukturen hervorheben. Bei der Nissl-Färbung zum Beispiel markieren basische Farbstoffe wie Kresylviolett die Zellkerne aller Zellen sowie Materialansammlungen um die Zellkerne herum. Dank dieser Methode können Forscher etwas kleinere Zellkerne der Gliazellen von Nervenzellen unterscheiden und die Anordnung der Neurone in verschiedenen Teilen des Gehirns untersuchen. Die Nissl-Färbung hat allerdings auch ihre Nachteile. Der Betrachter kann von einem derart gefärbten Neuron nur Zellkörper mit einem Zellkern darin erkennen.
Erst die so genannte Golgi-Färbung offenbart, dass Neurone auch noch über Dendriten und Axone verfügen. Die Golgi-Methode lässt die Nervenzellen in scherenschnittartiger Pracht erstrahlen: Wenn man Gewebe in Silberchromatlösung einlegt, erscheinen einige wenige Nervenzellen und Gliazellen mit ihren Fortsätzen braunschwarz vor goldgelbem Hintergrund. Andere Färbemethoden sind etwa die Klüver-Barrera-Färbung und die Luxolblaufärbung, um die Zellfortsätze einzufärben. Breite Anwendung finden immuncytochemische Methoden, die es erlauben, über die Struktur der Nervenellen hinaus bestimmte Merkmale dieser Zellen darzustellen.
Gliazellen
Gliazellen/-/glia cells
Gliazellen stellen neben den Neuronen die zweite Gruppe große Gruppe von Zellen im Gehirn. Sie wurden lange Zeit als die inaktiven Elemente des Gehirns, als „Nervenkitt“ bezeichnet. Heute weiss man, dass die verschiedenen Typen von Gliazellen (Astrozyten, Oligodendrozyten und Mikrogliazellen) klar definierte Aufgaben im Nervensystem erfüllen. So reagieren sie z. B. auf Krankheitserreger, spielen eine wichtige Rolle bei der Ernährung der Nervenzellen oder isolieren Nervenfasern. Ihr Anteil im Vergleich zu den Neuronen liegt bei etwas über 50 Prozent.
Neuron
Neuron/-/neuron
Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.
Neuron
Neuron/-/neuron
Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.
Neuron
Neuron/-/neuron
Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.
Soma
Soma/-/cell body
Der Zellkörper, auch Soma genannt, ist das Stoffwechselzentrum der Zelle. Er trägt neben den Zellorganellen – zum Beispiel die Mitochondrien – auch den Zellkern mit den Erbanlagen. Vom Zellkörper gehen die Dendriten und das Axon (langer faserartiger Fortsatz von Nervenzellen) ab.
Axon
Axon/-/axon
Das Axon ist der Fortsatz der Nervenzelle, der für die Weiterleitung eines Nervenimpulses zur nächsten Zelle zuständig ist. Ein Axon kann sich vielfach verzweigen, und so eine Vielzahl nachgeschalteter Nervenzellen erreichen. Seine Länge kann mehr als einen Meter betragen. Das Axon endet in einer oder mehreren Synapse(n).
Einsatzgebiete
Schon kurz nach ihrer Entwicklung lieferte die Golgi-Methode bahnbrechende Erkenntnisse. Der spanische Neurohistologe Santiago Ramón y Cajal (1852−1934) hat mit ihrer Hilfe akribisch Nervenbahnverbindungen erfasst, deren Beschreibungen teilweise noch immer gültig sind. Und auch heute noch erstellen Forscher mit histologischen Methoden das Konnektom, einen Schaltplan aller Verknüpfungen des Gehirns. Das bedeutet auf der Mikroskala, alle Neurone und ihre Synapsen zu kartieren. Eine Analyse des Nervengewebes auf dieser Ebene erfordert eine Darstellung mit einem Auflösungsvermögen im Mikrometer-Bereich – eine nervenaufreibende Fleißarbeit.
Eine solche histologische Fleißarbeit schon erbracht haben Forscher um Katrin Amunts vom Forschungszentrum Jülich. Ihr so genanntes „BigBrain“ ist eine hochaufgelöste 3D-Rekonstruktion eines menschlichen Gehirns, basierend auf 7.404 histologischen Schnittpräparaten. Der Atlas gibt Einblicke mit einer Auflösung von 20 Mikrometern – das entspricht etwa der Größe einer Nervenzelle oder weniger als der Hälfte eines Haardurchmessers.
Doch nicht nur in der Grundlagenforschung kommt die Neurohistologie zum Einsatz. In der Pathologie hilft sie, abnormal verändertes Hirngewebe per Mikroskop zu untersuchen.
Neuron
Neuron/-/neuron
Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.
Synapse
Synapse/-/synapse
Eine Synapse ist eine Verbindung zwischen zwei Neuronen und dient deren Kommunikation. Sie besteht aus einem präsynaptischen Bereich – dem Endknöpfchen des Senderneurons – und einem postsynaptischen Bereich – dem Bereich des Empfängerneurons mit seinen Rezeptoren. Dazwischen liegt der sogenannte synaptische Spalt.
Neuron
Neuron/-/neuron
Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.
Historie
Einen ersten Höhepunkt erreichte die Histologie im 19. Jahrhundert. Wissenschaftler fanden heraus, dass man Gewebe härten kann, indem man es in Formaldehyd einlegt. Der italienische Histologe Camillo Golgi (1844−1926) stieß 1873 auf seine nach ihm benannte Färbemethode, als er Hirngewebe in eine Silberchromatlösung einlegte. Ein geringer Anteil von Neuronen färbte sich daraufhin dunkel. Mit ihr erfasste der spanische Neurohistologe Santiago Ramón y Cajal (1852−1934) als erster Nervenbahnverbindungen im Gehirn. Und 1894 schließlich entwickelte der Neurologe Franz Nissl (1860−1919) die Nissl-Färbung.
Histologie
Histologie/-/histology
Die Histologie ist die Gewebelehre. In ihr werden Gewebeproben untersucht. Das Gewebe wird mit unterschiedlichen Verfahren aufgearbeitet und eingefärbt und in dünne Schichten geschnitten, die eine Untersuchung am Mikroskop erlauben.
Neuron
Neuron/-/neuron
Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.
Vor– und Nachteile
Die Histologie ermöglicht es, Hirngewebe auf mikroskopischer Ebene zu untersuchen. Sie liefert dabei Ergebnisse, die teilweise auch Jahrzehnte nach ihrer Entdeckung noch Gültigkeit behalten. Aber es gibt ohne Frage auch Nachteile: Eigentlich möchten Forscher die Strukturen und die Chemie im Gewebe so unter die Lupe nehmen, wie es im lebenden Organismus vorkommt. Allerdings verhindern histologische Techniken genau dies. In der Histologie sind Artefakte gang und gäbe, also Merkmale, die auf die Präparationsmethode zurückzuführen sind und im natürlichen Organismus nicht vorkommen. Beispielsweise besteht Gewebe aus bis zu 80 Prozent Flüssigkeit, die beim Fixieren durch die Fixierlösung ersetzt wird. In der Folge schrumpft das Gewebe. Letztlich sind also die fixierten Strukturen nur ein Abbild des Gewebes, die nicht den lebendigen Zustand wiedergeben können.
Histologie
Histologie/-/histology
Die Histologie ist die Gewebelehre. In ihr werden Gewebeproben untersucht. Das Gewebe wird mit unterschiedlichen Verfahren aufgearbeitet und eingefärbt und in dünne Schichten geschnitten, die eine Untersuchung am Mikroskop erlauben.
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Kombinationsmöglichkeiten
Da auch die einzelnen Methoden der Histologie ihre Vor-und Nachteile haben, ist es sinnvoll, sie zu kombinieren. Die Golgi-Methode etwa erlaubt es, den Aufbau einer weniger Neurone zu beschreiben, die sie anfärbt. Mit der Nissl-Färbung hingegen kann man zwar eine ganze Neuronenpopulation in Farbenpracht erstrahlen lassen. Sie geizt aber mit Infos über den Aufbau der Nervenzellen. 2008 stellten Forscher um Martine Hamann von der University of Leicester einen Ansatz vor, der beide Verfahren unmittelbar verbindet.
Histologie
Histologie/-/histology
Die Histologie ist die Gewebelehre. In ihr werden Gewebeproben untersucht. Das Gewebe wird mit unterschiedlichen Verfahren aufgearbeitet und eingefärbt und in dünne Schichten geschnitten, die eine Untersuchung am Mikroskop erlauben.
Neuron
Neuron/-/neuron
Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.
Neuron
Neuron/-/neuron
Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.
Ausblick
Wie in anderen Bereichen der Neurowissenschaften wird das Methodenarsenal auch in der Neurohistologie ständig aufgestockt (siehe Info-Kasten). 2015 stellte Winfried Denk vom Max-Planck-Institut für Neurobiologie eine neue Methode namens BROPA vor, mit deren Hilfe sich hochauflösend Verbindungen zwischen Nervenzellen im ganzen (Mäuse-)gehirn rekonstruieren lassen. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Methode in der Praxis bewährt und zu einem ähnlichen Dauerbrenner wird wie die von Golgi oder Nissl.
Neuron
Neuron/-/neuron
Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.
zum Weiterlesen:
- Amunts, K., et al.: BigBrain — an ultra-high resolution 3D human brain model. Science. 2013 Jun 21;340(6139):1472 – 5, (abstract)
- Chung K, Deisseroth K: CLARITY for mapping the nervous system. Nat Methods. 2013 Jun;10(6):508 – 13 (abstract)
- Pilati N. et al.: A rapid method combining Golgi and Nissl staining to study neuronal morphology and cytoarchitecture. J Histochem Cytochem. 2008 Jun;56(6):539 – 50, (abstract)
- Mikula S, Denk W: High-resolution whole-brain staining for electron microscopic circuit reconstruction. Nat Methods. 2015 Jun;12(6):541 – 6 (abstract)