Adipositas & Bluthochdruck: Forschende entdecken neue Mechanismen

© Helmholtz Zentrum München / Tim Gruber
Blutgefäße im transparent erscheinenden Gehirn eines adipösen Mausmodells

Forschenden ist es erstmals gelungen, die Rolle von Astrozyten im Hypothalamus bei Adipositas-bedingtem Bluthochdruck nachzuweisen. Zudem zeigten sie, dass das Hormon Leptin an der Verdichtung von Blutgefäßen im Hypothalamus adipöser Mäuse beteiligt ist, was zu Bluthochdruck beiträgt. Die Studie wurde vom Helmholtz Zentrum München angeleitet, Forschende der Ludwig-Maximilians-Universität, der Technischen Universität München und des Deutschen Diabetes Zentrums waren ebenfalls beteiligt.

Source: Helmholtz Zentrum München

Published: 15.06.2021

Bluthochdruck ist eine weitverbreitete Begleiterkrankung von Adipositas, die das Risiko einer Sterblichkeit und Behinderung stark erhöht. Zudem haben Forschenden in den letzten Jahren herausgefunden, dass bei einer hochkalorischen Ernährung die Dichte der Blutgefäße im Hypothalamus – ein wichtiger Bereich in unserem Gehirn – zunimmt (im Fachjargon: Hypervaskularisierung). Wissenschaftler:innen gingen davon aus, dass ein erhöhter Spiegel des Hormons Leptin mit einem erhöhten Bluthochdruckrisiko in Verbindung steht. Die genauen Mechanismen, die zur Verdichtung der Blutgefäße im Hypothalamus beitragen, waren jedoch nicht bekannt.

In den neuen Untersuchungen der Forschungsgruppe um Cristina García-Cáceres vom Helmholtz Zentrum München fiel nun auf, dass adipöse Mäuse keine Verdichtung der Blutgefäße im Hypothalamus ausbildeten, wenn ihnen das Hormon Leptin fehlte. Leptin wird vom Fettgewebe produziert, ist an der Steuerung von Hunger- und Sättigungsgefühl beteiligt und spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Fettstoffwechsels von Menschen und Säugetieren.

Erhöhten die Forschenden den Leptin-Spiegel, so kurbelten bestimmte Gehirnzellen, die Astrozyten, die Produktion eines bestimmten Wachstumsfaktors an. Dieser Wachstumsfaktor wiederum förderte das Wachstum der Gefäße. Das Ergebnis war eine erhöhte Anzahl der Gefäße im Hypothalamus (und keiner anderen Gehirnregion). Damit wiesen die Wissenschaftler:innen nach, dass Leptin für die Verdichtung der Gefäße im Hypothalamus hauptverantwortlich ist und dieser Prozess über die Astrozyten vermittelt wird.

„Wir liefern einen Paradigmenwechsel im Verständnis, wie der Hypothalamus den Blutdruck bei Adipositas kontrolliert“, erklärt Erstautor Tim Gruber. „Während sich die bisherige Forschung hauptsächlich auf Neuronen konzentrierte und Astrozyten in der Vergangenheit als weniger relevant galten, unterstreicht unsere Forschung die zusätzliche Rolle der Astrozyten bei der Kontrolle des Blutdrucks.“

Eine wichtige Frage wird laut Studienleiterin Cristina García-Cáceres zukünftig sein, wie genau die Astrozyten mit den Neuronen kommunizieren. „Wir haben begonnen, diese Frage mit Hilfe von Echtzeitdarstellung der Aktivität in Astrozyten-Neuronen-Schaltkreisen im Hypothalamus über in-vivo-Mikroskopie zu beantworten“, sagt die Forscherin mit Blick in die Zukunft.

Hypothalamus

Hypothalamus/-/hypothalamus

Der Hypothalamus gilt als das Zentrum des autonomen Nervensystems, er steuert also viele motivationale Zustände und kontrolliert vegetative Aspekte wie Hunger, Durst oder Sexualverhalten. Als endokrine Drüse (die – im Gegensatz zu einer exokrinen Drüse – ihre Hormone ohne Ausführungsgang direkt ins Blut abgibt) produziert er zahlreiche Hormone, die teilweise die Hypophyse hemmen oder anregen, ihrerseits Hormone ins Blut abzugeben. In dieser Funktion spielt er auch bei der Reaktion auf Schmerz eine wichtige Rolle und ist in die Schmerzmodulation involviert.

Hormon

Hormon/-/hormone

Hormone sind chemische Botenstoffe im Körper. Sie dienen der meist langsamen Übermittlung von Informationen, in der Regel zwischen dem Gehirn und dem Körper, z.B. der Regulation des Blutzuckerspiegels. Viele Hormone werden in Drüsenzellen gebildet und in das Blut abgegeben. Am Zielort, z.B einem Organ, docken sie an Bindestellen an und lösen Prozesse im Inneren der Zelle aus. Hormone haben eine breitere Wirkung als Neurotransmitter, sie können verschiedene Funktionen in vielen Zellen des Körpers beeinflussen.

Hormon

Hormon/-/hormone

Hormone sind chemische Botenstoffe im Körper. Sie dienen der meist langsamen Übermittlung von Informationen, in der Regel zwischen dem Gehirn und dem Körper, z.B. der Regulation des Blutzuckerspiegels. Viele Hormone werden in Drüsenzellen gebildet und in das Blut abgegeben. Am Zielort, z.B einem Organ, docken sie an Bindestellen an und lösen Prozesse im Inneren der Zelle aus. Hormone haben eine breitere Wirkung als Neurotransmitter, sie können verschiedene Funktionen in vielen Zellen des Körpers beeinflussen.

Astrozyt

Astrozyt/-/astrocyte, astroglia

Astrozyten sind die größten unter den Gliazellen. Zu ihren Aufgaben gehören z.B. die Immunabwehr (auch Blut-​Hirn-​Schranke) oder die Wiederaufnahme ausgeschütteter Neurotransmitter (Botenstoffen im Gehirn).

Neuron

Neuron/-/neuron

Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.

Originalpublikation

Gruber et al., 2021: Obesity-associated hyperleptinemia alters the gliovascular interface of the hypothalamus to promote hypertension. Nature Metabolism, DOI: 10.1016/j.cmet.2021.04.007
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S155041312100173X

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